2. LERNZIELORIENTIERUNG - WOZU?


Zielfragen:
  • Was bedeutet Lernzielorientierung?
  • Welcher Kritik ist die Lernzielorientierung ausgesetzt?
  • Welche Vorteile bringt die Lernzielorientierung für Lehrende und Lernende?
  • Was ist der Unterschied zwischen Lernzielorientierung und Kompetenzorientierung?

Am Beginn jeder Planung müssen wir uns darüber im Klaren sein, ganz salopp formuliert, "wo wir eigentlich hin wollen". Bestimmt kann dies werden durch Lehr- und Lernziele. In der Pädagogik spricht man in diesem Zusammenhang häufig von Lernzielorientierung, welche getragen ist von der Annahme, dass Abläufe möglichst exakt und kontrollierbar möglich sind. Sind Lernziele vorhanden, welche das angestrebte Lernergebnis genau beschreiben, werden Lehr-Lernprozesse transparenter und nachvollziehbar.


Dies würde allerdings bedeuten, dass je genauer wir sind, Lernen kontrollierbarer wird. Was halten Sie persönlich von dieser Annahme?

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Arnold u.a. (2005) führen an, dass "die Anwendung des Lernzielkonzepts in der Erwachsenenbildung nicht unumstritten ist. Besonders teilnehmerorientierte Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner befürchten häufig, dass mit dem Konzept der Lernzielorientierung die Gefahr einer Gängelung der Teilnehmenden verbunden sein könnte. {...}. Neuerdings wird auch verstärkt hinterfragt, ob Lernergebnisse überhaupt geplant und vorweggenommen werden können."


Wir bringen alle auf den gleichen Stand! Denken Sie, dies ist möglich?

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"Trotzdem hilft eine klare Lernzieldefinition den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu erkennen, ob der angestrebte Lernprozess sich mit ihren Zielen und Erwartungen tatsächlich "verträgt", ihnen wird dadurch auch gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, eigene Ziele dagegen - oder hinzuzusetzten oder sich von dem Angebot zu distanzieren. Und zum anderen ist es so, dass Lernziele zwar Klarheit herstellen, doch insgesamt zu Beginn eines durchaus offenen Lernprozesses stehen können, der "eigenständige" Lernprozesse und Lernzielkorrekturen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zulässt."

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass es wichtig ist, eine wegweisende Richtung vor Augen zu haben, doch müssen dennoch Lernziele auch immer mit den Beteiligten, in Ihrem Fall den Teilnehmenden, besprochen werden. Jede/r Teilnehmende sollte die Möglichkeit erhalten, sich seine Lernziele selbst zu setzen. Die Erkenntnis, dass Gelehrtes nicht automatisch in Gelerntes übergeht, darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden.


Denken Sie nun an eines Ihrer letzten Seminare:

  • Welche Lehrziele hatten Sie sich im Vorfeld gesetzt?
  • Welche Lernziele setzten sich Ihre Teilnehmer/innen?
  • Konnten Sie Ihre Ziele erreichen und woran haben Sie dies erkannt?


Es steht wohl außer Frage, dass es wichtig ist, sich zu überlegen "wo man genau hinmöchte".
Wir möchten Sie nun einladen, sich zu überlegen, welche weiteren Vorteile eine Lernzielorientierung sowohl für Sie als Trainer und Trainerin als auch für Ihre Teilnehmer und Teilnehmerinnen hat. Nachstehende Tabelle kann von Ihnen mit Argumenten gefüllt werden.


Vorteile für Lehrende Vorteile für Lernende
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   -  Er/Sie kann begründen, was wozu im Seminar gemacht wird.    -  ...
   -  ...    -  Er/Sie erkennt die Ziele und kann die Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen.
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   -  Er/Sie kann die Planung von Lernprozessen an Lernzielen ausrichten.    -  ...
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Was ist der Unterschied zwischen Lernzielorientierung und Kompetenzorientierung?

Fragen wir uns, was Kompetenzorientierung bedeutet, müssen wir zunächst den Begriff "Kompetenz" erläutern. Sind wir in der Annahme, dass wir unter Kompetenz verstehen, dass Teilnehmende in der Lage sind, neuartige Probleme lösungsorientiert bewältigen zu können, erkennen wir sofort die Unterscheidung zur Lernzielorientierung. Nicht das Ziel ist entscheidend, sondern der Weg dorthin. Legen wir genaue Wege und Lösungen fest, sind wir planbar und vorhersehbar, genau so, wie die Lernzielorientierung bestimmt wird. In der Kompetenzorientierung hingegen versuchen wir, den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Wege und Lösungen zu finden, welche mitunter von unserer ursprünglichen Planung abweichen. Es können somit Kompetenzen entwickelt und gestärkt werden, welche möglicherweise gar nicht vorhergesehen wurden. Lernziele, die im Vorhinein genau definiert wurden, werden somit zu einem gewissen Grad obsolet, wie das nachstehende Beispiel zeigt.

Sie geben Ihren Teilnehmenden einen Text zum Thema "Wie bereite ich mich optimal auf die nächste Prüfung vor". Zuerst in Einzelarbeit und danach in Kleingruppen sollen die fünf wichtigsten Tipps erarbeitet werden, welche für die erfolgreiche Bewältigung der nächsten Prüfung notwendig sind. Ihr bestimmtes Lernziel hierzu lautet: "Der/Die Lernende ist in der Lage, zielführende Maßnahmen zur erfolgreichen Bewältigung einer Prüfung zu benennen."

Bis hierhin befinden wir uns noch in der Lernzielorientierung... wir wissen somit, wo wir hin wollen.

Nun, nach Abschluss der Aufgabe, sammeln sich alle Teilnehmenden wieder und Sie fragen in die Runde, zu welchen Ergebnissen die Gruppen gekommen sind. In gemeinsamer Diskussion werden diese hinsichtlich ihrer Tauglichkeit überprüft und besprochen. Danach sollen sich die Teilnehmenden kurz Zeit nehmen und über ihre bisherigen Prüfungserlebnisse und die dazugehörige Vorbereitung reflektieren.

Sie leiten ein mit der Frage "Gibt es Ihrer Meinung nach 'Aha-Erlebnisse' dazu?" oder "Welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus?". Und plötzlich steht die Thematik "Aus Fehlern lernt man" oder "Motivation muss vorhanden sein" auf dem Programm. Ihre Teilnehmenden entwickeln Handlungskompetenz. Sie setzen sich nicht nur ausschließlich mit den Inhalten und Methoden auseinander, sondern auch mit sich selbst in einem selbstreflexiven Prozess. Sie arbeiten gemeinsam an der Selbstkompetenz und durch die gestellte Aufgabe in Gruppen, wodurch auch die soziale Kompetenz gestärkt wird. Bei genauerer Betrachtung stärken Sie somit Ihre Teilnehmenden in einer Vielzahl an Bereichen und Kompetenzfeldern. Und genau hier sprechen wir nun von Kompetenzorientierung. Für den einen mögen die Tipps hilfreich sein, für einen anderen die Auseinandersetzung mit den eigenen Lernerfahrungen. Für einen Dritten der Austausch in der Gruppe und das Lernen von anderen.

Bezieht man somit all diese Aspekte mit ein, erweitert sich der Blickwinkel. Die Teilnehmenden sind "in der Lage, Strategien und Lösungen zur Bewältigung der nächsten Prüfungssituation zu bestimmen". Ob sich diese auf die methodische Kompetenz oder eine andere stützen, bestimmen die Lernenden selbst.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Kompetenzorientierung im Vergleich zur Lernzielorientierung offener bzw. weniger planbar ist. Dass Kompetenzorientierung allen Teilnehmenden die Möglichkeit bietet, das für sie selbst Relevante zu bestimmen. Und dass Kompetenzorientierung vergleichsweise in Bezug auf Lernprozesse ganzheitlicher erscheint.


Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und überlegen Sie, in welchen Bereichen und bei welchen Themen Sie bereits kompetenzorientiert agieren:
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SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 3, "Teilnehmerorientierte Veranstaltungen planen und gestalten"
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