7.6.1 Gruppenpuzzle

Das Gruppenpuzzle, nach dem amerikanischen Vorbild auch Jigsaw-Methode (engl. jigsaw "Puzzle(spiel)", im engeren Sinne "Stich-/Laubsäge") genannt, ist eine Form der Gruppenarbeit.

Beschreibung/
Vorgehen

Dabei werden die [n] Teilnehmer der Klasse auf ungefähr [√n] Gruppen verteilt (d.h. bei 16 Teilnehmern vier Gruppen mit je vier Personen). Jede dieser Gruppen (Basisgruppen) bearbeitet einen anderen Teil eines größeren Gesamtthemas. Dann werden die Gruppen aufgelöst und neue Gruppen mit je einem Mitglied aus den Basisgruppen gebildet. In dieser neuen Gruppe erklärt (lehrt) jedes Gruppenmitglied den anderen, was es vorher in der ersten Gruppe gelernt hat. Im optimalen Fall beherrschen alle Beteiligten das größere Gesamtthema. Nach der letzten Unterweisungsphase wird individuelle Beherrschung des Themas überprüft.

Zehn Schritte, um die Jigsaw-Methode zu implementieren

  1. Das Thema für die Seminarsstunde wird vorher so aufgeteilt, dass es mit der Jigsaw-Gruppenanzahl übereinstimmt.
  2. Aufteilen der Seminarteilnehmer in Jigsaw-Gruppen (max. vier Teilnehmer - ab fünf Teilnehmer sollte die Gruppe geteilt werden, da die Effizienz der Arbeit sonst nicht gewährleistet ist).
  3. Für jedes Gruppenmitglied gibt es eine zusätzliche Aufgabe (Zeit beachten, Material holen, Sozialform beachten usw.).
  4. Aneignungsphase: Jeder Teilnehmer einer Jigsaw-Gruppe muss ein kleines Gebiet des Themas bearbeiten (es ist genauso gut möglich, dass alle das Gleiche behandeln), aber er soll es nicht auswendig lernen.
  5. Die Jigsaw-Gruppe stellt die wesentliche Punkte des Themas zusammen und erstellt didaktische Materialien (Folien, Wandzeitung, Beamerpräsentation usw.). Jedes Mitglied einer Jigsaw-Gruppe ist nun "Experte" eines kleinen Themas.
  6. Die Klasse wird nun neu in anderen Gruppen zusammengesetzt, so dass in jeder neuen Gruppe ein "Experte" eines kleinen Themas ist.
  7. Vermittlungsphase: Jeder "Experte" erklärt den anderen Gruppenmitgliedern sein Spezialgebiet und lernt dabei von den anderen "Experten".
  8. Verarbeitungsphase: Die Inhalte sollten nicht nur vermittelt werden, sondern auch verarbeitet. Dies kann gewährleistet werden, wenn die Jigsaw-Gruppen Aufgaben für die neue Gruppe überlegen und so die "Konsumenten" zur Anwendung des neu gelernten Stoffs anleiten.
  9. Während der Gruppenarbeiten kann der Lehrer herumgehen und Wissensprobleme oder soziale Probleme mit den Teilnehmern lösen.
  10. Damit die Gruppenarbeit nicht ins Beliebige geht, sollte am Ende ein kleiner Test erfolgen.
Bezug zur Aneignung, Erleben, Handeln

Die Jigsaw-Methode ist 1971 in Austin (Texas) von Elliot Aronson entwickelt worden, um Probleme zwischen Teilnehmern unterschiedlicher Herkunft (Afroamerikaner, junge Weiße, Amerikaner spanischer Herkunft) zu lösen.

Ziel der Jigsaw-Methode ist es, Vorurteile abzubauen, Selbstbewusstsein zu stärken, Lernklima zu verbessern, Fernbleiben zu reduzieren, Verantwortung zu lernen usw.; dazu verfolgt sie die Ziele des Kooperativen Lernens.

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Das Diagramm illustriert den Jigsaw-Prozess auf der Basis einer Seminargröße von 24 Teilnehmern:

Kooperative Basisgruppen – die Aneignungsphase:

Themen oder Unterthemen werden zugeordnet. Es wird Zeit gegeben, um das jeweilige Thema zu erfassen, sich darüber zu einigen, was wichtig ist und zu entscheiden, was den anderen Gruppenmitgliedern beigebracht werden soll.

Image_Gruppenpuzzle_1

Expertengruppen – die Vermittlungsphase:

Die Experten der jeweiligen Themen wechseln sich ab und unterrichten sich gegenseitig. Am Ende hat jeder Teilnehmer alle sechs Themen "gelernt".

Image_Gruppenpuzzle_2

Kooperative Basisgruppen – die Verarbeitungsphase:

Die ursprünglichen Gruppen treffen sich wieder und verarbeiten die sechs Themen zu "einem großen Ganzen". Dieses Verarbeiten klärt nicht nur die Zusammenhänge, sondern festigt auch das gelernte Gesamtwissen.

Image_Gruppenpuzzle_3

Mögliche Überprüfung des individuellen Wissens durch einen Test…

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Zwei weitere Jigsaw-Strategien:

Basis Jigsaw (Mini Jigsaw)

Beschreibung/
Vorgehen
Es ist dem normalen Jigsaw ähnlich. Nachdem die Themen zugeteilt worden sind, arbeitet jeder in der Gruppe alleine und bereitet das Material vor. Die Gruppe trifft sich dann wieder und die Teilnehmer wechseln sich darin ab, sich gegenseitig zu informieren.
Umsetzungs-
erfahrungen
Dieses Jigsaw sollte nicht allzu oft benutzt werden, da der Expertenaustausch und die dort erforderliche Zusammenarbeit wichtig ist. Das Modell funktioniert gut bei Besprechungen, in denen die Teilnehmer an spezifischen Problemen oder Unterthemen gearbeitet haben (möglicherweise zu Hause) und danach ihre Teammitglieder unterrichten.

Paar Jigsaw

Beschreibung/
Vorgehen
Wie zuvor wird das Thema jedem Gruppenmitglied zugewiesen. Die Teilnehmer in der Gruppe teilen sich und bilden Expertenpaare (s. Darstellung unten). Die Paare arbeiten an dem Thema, werden zu Experten und entscheiden, was und wie sie es vermitteln sollen. Dann trennen sich die Paare und jeder Teilnehmer geht zusammen mit einem anderen, der das gleiche Thema bearbeitet hat. Sie üben die Lektion dann aneinander ein, tauschen Ideen aus etc. Dann kehren die Paare zu ihren ursprünglichen kooperativen Gruppen zurück und vermitteln sich gegenseitig den Lernstoff.
Variation Eine andere Variante könnte sein, dass die Paare, nachdem sie miteinander geübt haben, noch einmal zu ihrem ersten Partner zurückkehren, sich mit ihm noch einmal absprechen und dann erst zu ihren Basisgruppen zurückgehen.

Image_Gruppenpuzzle_4

Probleme, die bei diesen Methoden auftauchen können

Die Schnittstellen zwischen kollektiver Arbeitsphase und individuellen Lernschritten müssen gut geplant werden, damit keine Unruhe aufkommt und möglichst wenig Zeit ineffizient verstreicht.

Es arbeiten nicht alle Teilnehmer/innen gleich schnell: Es sollten also Zusatzmaterialien für die Schnellen vorbereitet werden und zur Verfügung stehen.

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SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 1 / Teil 2, "Konstruktivistische Didaktik & Methodik"
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