7.2 Anfangen und Kennen Lernen - Vorstellrunden ("Eisbrecher")
Rolf Arnold schreibt in seinen Ausführungen:
"Aller Anfang ist schwer" – sagt die Volksweisheit. Dies gilt für die Erwachsenenbildung in besonderem Maße. Menschen kommen – bisweilen nach vielen Jahren – wieder zu einer organisierten Weiterbildungsveranstaltung – mit all den Erinnerungen, Ängsten, Hoffnungen und Plänen, die ein solcher Schritt in ihnen auslöst. Dort treffen Sie auf Menschen, die ihnen zunächst fremd sind, und sie müssen Mut fassen, sich zu äußern.
Welcher/n der nachstehenden Ausführungen stimmen Sie zu? Welche kommen Ihnen bekannt vor?
- Die Situation zu Beginn einer Veranstaltung:
- Teilnehmer kommen vereinzelt
- Setzen sich in "angemessener" Entfernung voneinander an die Tische
- Begrüßen sich leise und verlegen
- Warten auf den Dozenten, welcher als zentrale, deutlich sichtbare, institutionell herausgehobener Orientierungspunkt für die Lernenden in einer zuerst unstrukturiert erscheinenden, "leeren" Situation gesehen wird.
- Zu Beginn der Bildungsveranstaltung herrscht ein "interaktiver Notstand".
Die Erwartungen der Teilnehmer sind an den Dozenten gerichtet: der Dozent muss um die möglichen Folgen seines jeweiligen Handelns wissen, die Folgen für die Dynamik des Lehr-/ Lernprozesses und für die diese Dynamik bestimmende Beziehungsqualitäten.
- In der Anfangssituation sind die Teilnehmer mit Fragen der Beziehungen beschäftigt
ungeeignet für die Aneignung von Lehrinhalten, da in dieser Phase wenig psychische Energie zur Verfügung steht.
- In der Anfangssituation können Informationen bezüglich des Seminars vermittelt werden.
Es geht primär um Positionen, dann um Inhalt! (Gruppendynamik)
- Aufstellen von Regeln.
Regeln signalisieren Bedeutungen, die wiederum Orientierung, d.h. Handlungssicherheit, verleihen.
Gruppenspezifische Regeln (z.B. "Raucherproblem", Organisatorisches, Anrede, ...)
Die Anfangssituation eines Seminars dient somit dem Abbau von Ängsten bzw. Unsicherheiten der Teilnehmer, die aufgrund einer neuen Situation, zumeist in einer fremden Umgebung mit unbekannten Personen, erzeugt werden.
Da es in einer solchen Situation wenig Sinn hat, Lerninhalte zu vermitteln, erfüllt die Anfangssituation mit Hilfe der "Regeln"(z.B. Organisatorisches) und der Vorstellung der Struktur des Seminars die Aufgabe, den Teilnehmern die anfängliche Unsicherheit zu nehmen.
Übungen und Spiele in Anfangssituationen
Gegenseitiges Kennenlernen wird in Veranstaltungen der Erwachsenenbildung auffällig häufig spielerisch gestaltet.
Was soll dieses "Spielen" leisten?
- Leichteres "Sich-gegenseitig-Kennenlernen"
- Entspannte Atmosphäre schaffen
- Unsicherheit, Fremdheit und gegenseitige Scheu, sog. "Barrieren" abbauen
- Offenere, leichtere Kommunikation ermöglichen
- Warming-Up-Phasen gestalten
- Auflockerung und Bewegung
- Förderung der Konzentration
Aber:
- Das Ziel, durch Spiele in der Anfangsphase den Lehr/Lernprozess zu verbessern, ist nur sinnvoll, wenn das, was dabei herausgekommen ist, in den weiteren Verlauf der Bildungsveranstaltung integriert wird.
- Achtung auf die Zeiteinteilung! Vorstellrunde und Erwartungsabfrage sollen zeitlich in Relation zur Gesamtdauer des Seminare stehen (und nicht unnötig strapazieren).
- Teilnehmer fühlen sich oft widerwillig dazu gezwungen, bei ihrer Meinung nach "albernen" Spielen mitzumachen, kommen sich kindisch vor. Darum Achtung bei der Spielauswahl!
Die nun folgenden Übungen und Spiele für Anfangssituationen in Seminaren können zusätzlich mit Abfragen zum Thema Erwartungen / Befürchtungen kombiniert werden.
Zum Abfragen der Erwartungen / Befürchtungen noch zwei wichtige Hinweise!
- Klarheit darüber schaffen, was gefragt werden soll (Interaktionsstil des Dozenten, inhaltliche Erwartungen, erwünschter Arbeitsstil; ...).
- Welche Methode soll angewandt werden, ist dem Seminar angemessen?
(Einzelarbeit; Gruppenarbeit; Verlesen der Ergebnisse; mit anschließender Diskussion, oder lieber ohne; Niederschrift auf kleinen Karten, die für alle sichtbar an der Wand befestigt werden; anonyme, schriftliche Befragung; einen Fragebogen; offene Gesprächsrunde; ...)
Anmerkung
Etliche dieser Übungen lassen sich auch zwischendurch durchführen (als Auflockerungsrunde), um zum Beispiel gegen das "Suppenkoma" anzukämpfen oder bei Themen-wechseln kurz Bewegung und neue Energie in die Gruppe zu bekommen.
Bei längeren Lehrgängen kennen sich die Teilnehmer bereits. Folge: "Oje! Schon wieder eine sinnlose Vorstellrunde." In solchen Fällen könnte der Trainer nur sich kurz vorstellen und Informationen über die Teilnehmer bekommt er aus den Auflockerungsrunden.
Beschreibung/ Vorgehen
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Paare interviewen sich gegenseitig über Namen, Wohnort, Hobbies, Erwartungen, Haustiere, etc. dann stellt A seinen Partner B der Gruppe vor und anschließend umgekehrt. Vorgestellt werden die Partner mit zwei wahren Einzelheiten, die der Berichterstatter am interessantesten fand, und einer erfundenen Aussage. Die Gruppe muss raten, welche der Eigenschaften die erfundene ist.
Stichwörter
Namen kennenlernen – Interesse aneinander wecken – es steht jeder einmal im Mittelpunkt – erinnern – raten – erforschen – beurteilen – einschätzen – Phantasie – Spaß – Spannung
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