(Rolf Arnold)
Die Methodenfrage wurde lange Zeit in der Bildung als zweitrangig bzw. untergeordnet angesehen. Vorrangig waren die Inhalte und die Ziele des geplanten Lernprozesses, nicht die Art und Weise der methodischen Inszenierung. Diese rückt erst mit den neuen Kompetenzanforderungen (Stichworte: Schlüsselqualifikationen, Selbststeuerungs- und Problemlösungsfähigkeit usw.) deutlich in den Vordergrund.
Es war einmal: Der Inhalt als Zentrum
Die Didaktik sprach bis in unsere Tage hinein vom "Primat des Inhaltes" und machte da-durch deutlich, wo der eigentliche Schwerpunkt der Vorbereitung und Planung von Unter-richt zu liegen habe. Auch heute noch ist die Praxis vieler Lehrer und Dozierenden von diesem inhaltorientierten Blick durchdrungen. Dieser folgte einem Vorgegebenen, die Frage, ob und inwieweit der Lernende diese nachvollziehen und wirksam aneignen kann, stand nicht zur Debatte. Unterstellt wird zudem, dass eine lineare "Vermittlung" des Inhaltes an die Lernenden möglich sei, und dass der Vermittlungserfolg von der Klarheit sowie der Anschaulichkeit und dem Motivierungsgehalt des Lehr-Inputs und dessen methodischer Inszenierung abhängig sei – eine Erwartung, die in der Praxis immer und immer wieder enttäuscht wurde. Und es gab auch negative Nebenwirkungen der inhalts- und lehrerzentrierten Gestaltung von Lehr-Lernprozessen: Die Passivität und die "gelernte Hilflosigkeit" des Lernenden. Es waren deshalb Arbeitgeber, die in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts diese Effekte entschieden zu kritisieren begannen.
Heute: Die Lernmethode als Zentrum
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft spricht in ihrem wegweisenden Gutachten "Bildung neu denken!" davon, dass dieses Primat des Inhaltes auf die mittelalterlichen Klosterschulen zurückgehe, mit den heutigen Einblicken in das Lernen und die damit verbundenen Hirntätigkeiten aber nicht mehr glaubwürdig begründet werden könne:
"Der Lehrer als *Inhaber* von Wissen, Kompetenz und Wahrheit belehrt den Schüler. (…) Diese Grundkonstellation war religiös motiviert, weil historisch der (geistliche) Lehrer seine Tätigkeit als Glaubensvermittlung begreifen sollte. Es handelte sich um einen linearen, einseitig vom Lehrer ausgehenden Vorgang. Dabei spielte die Frage keine Rolle, ob eine Sache verstanden wurde, sie sollte geglaubt werden.
Diese Grundkonstellation ist heute wirklichkeitsfremd und vor allen Dingen lernpsycholo-gisch überholt. In den Kognitionswissenschaften wird Unterricht heute nicht als eine ausschließliche Aktivität des Lehrers, sondern des Lernenden begriffen. Der Lernende benötigt eine komplexe, differenzierte *Lernumgebung*, die ihn zum Lernen herausfordert. Diese komplexe *Irritation* führt zu einer kognitiven Ausdifferenzierung des Gehirns. Es kommt also darauf an, eine Lernumwelt so zu gestalten, dass sie zum Lernen veranlasst".
(Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft 2003, S.88).
Dies ist der Grund dafür, dass heute die Methodenfrage deutlich in den Vordergrund rückt.
Methoden sind keine Wege zum Ziel, wie es der griechische Wortursprung Glauben macht, sondern Erfahrungsräume. Durch die Methodenwahl entscheidet sich nämlich, welche Erfahrungen dem Lernenden "gewährt" werden: Darf er lediglich nachvollziehen, aufgreifen und dokumentieren oder wir er dazu eingeladen, eigene Lösungswege, Recherchen, Problemlösungen sowie Kooperationen in Angriff zu nehmen? |
Methoden als Erfahrungsräume zu definieren, setzt ein Umdenken voraus. Wesentliche Elemente dieses Umdenkens sind:
In diesem Sinne werden im Folgenden "Ausgewählte Methoden eines lebendigen und nachhaltigen Erwachsenenlernens" – sogenannte "(M)unterrichtsmethoden" dargestellt. Diese Methoden verstehen sich als Lernmethoden. Dies bedeutet, dass ihre Wirkung für und auf die Lernenden sowie die Lebendigkeit und Nachhaltigkeit ihres Lernprozesses im Vordergrund steht.
Wir möchten hier zu den Ausführungen von Prof. Arnold ergänzen, dass angesichts der unterschiedlichen Funktionen und Möglichkeiten, der Vorzüge und Grenzen hinsichtlich der Entwicklung von Kompetenzen, die den verschiedenen Methoden innewohnen, die angestrebten Lernerfolge nicht immer mit einer Methode allein zu erreichen sind. Lehrinhalte und angestrebte Ziele sind immer daraufhin zu befragen, mit welchen Methoden sie am ehesten gefördert, selbsttätig und kooperativ erarbeitet werden können.
Ähnlich wie Grundrezepte in einem Kochbuch sind die, in diesen Kapiteln angeführten, Methoden und Techniken zu sehen. Sie stellen einen allgemeinen Leitfaden dar, wie die jeweiligen Methoden aufgebaut sind und wie sie im Allgemeinen funktionieren. Wie und wann eine Methode eingeführt und verwendet wird, hängt vom Lehrstoff, dem Lernziel, der jeweiligen Situation, der Zielgruppe (den Teilnehmern), der zur Verfügung stehenden Zeit und vielen weiteren Faktoren ab.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit verschiedene Methoden miteinander zu kombinieren oder ineinander zu verschachteln. Den Möglichkeiten und der Fantasie des Trainers, die Seminarziele zu erreichen, sind hier keine Grenzen gesetzt.
Außerdem können die Methoden auch "artverfremdet" verwendet werden. Zum Beispiel können Techniken der Reflexion zur Erwartungsabfrage am Beginn eines Seminars umgebaut werden.
Diese Methodensammlung erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der Einteilungskriterien. Die Einteilung wurde zu einem besseren Überblick der Methoden getroffen.
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Jene Methoden, welche mit der Lernmodell LENA - Brille versehen sind, wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Arnold und nachstehend angeführten TrainerInnen entwickelt. Diese Methoden integrieren alle Kriterien eines lebendigen und nachhaltigen Lernens und bieten somit die praktische Umsetzung des Lernmodells. |
Eine kurze Anleitung zu den Methoden
Jede schriftliche Darstellung einer Methode, wie umfangreich und präzise auch immer, spricht primär die kognitive Komponente an, während der dahinter liegende Ansatz sich an Personen als Ganzheiten von Denken, Fühlen und Erleben wendet. Aus diesem Grund kann hier nicht geklärt werden, was eine Methode mit der Einzelperson "macht".
Wer auch immer sich entschließen mag, diesen Ansatz zu vertiefen, zu erfahren, oder auch zu leben, dem wünschen wir bei der Anwendung der Methoden, Übungen und Techniken viel Erfolg und viel Freude beim Unterrichten.