7.11 Der Transfer

Was ist Transfer

Im Coaching spricht man von Transfer, wenn die Coachingmaßnahme sichtbare Effekte im (beruflichen) Alltagshandeln der gecoachten Person bewirkt. Somit meint der Transfer die Übertragung eines erarbeiteten Erkenntnisgewinns in eine Verhaltensänderung. Dies lässt sich auch auf die Teilnahme an einem Seminar übertragen bzw. anwenden.

Folgende Aussagen sollen den Begriff mit Leben füllen:

Schlüsselfaktoren für einen erfolgreichen Transfer

Themen können noch so gut aufbereitet, präsentiert und bearbeitet werden, der Seminarerfolg lässt sich nur daran messen, was die Teilnehmer in ihrem Arbeitsalltag umsetzen. Worauf kommt es an? Welche Prinzipien sind entscheidend für eine transferorientierte Seminarstrategie? Zwei Schlüsselfaktoren stehen dabei im Mittelpunkt:

Der erste Schlüsselfaktor ist die Einwandbehandlung. Die Auseinandersetzung mit jedem inneren "Nein" der Teilnehmer, wie auch immer ausgedrückt, ist von entscheidender Bedeutung für den Lernerfolg. Denn jeder Einwand ist ein Hinweis auf Optimierungspotenzial.

Wenn ein Trainer mit diesem Schlüsselfaktor im Bewusstsein trainiert, hat das Konsequenzen: Die Wahrnehmung des Teilnehmers und der ständige Austausch mit ihm stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Jedes "Nein" oder "Vielleicht" spornen zum Nachfragen an. Einwände werden aufgedeckt, eventuell verstärkt und verhandelt. Was ist stimmig für die Person? Wie kann sie das Neue in ihrem Umfeld umsetzen? Durch dieses Nachfragen und Verhandeln entsteht auch eine andere Seminaratmosphäre. Die Bereitschaft der Teilnehmer, sich mit den Inhalten auseinander zu setzen, anstatt nur zu konsumieren, wächst.

Es beginnt ein wirklicher Austausch ohne die Angst, sich eventuell bloß zu stellen.

Mit dieser inneren Haltung und Neugierde des Trainers erfahren auch die Seminarkonzepte eine Veränderung. Im Vordergrund steht nun die Frage, was durch den Seminarablauf in den einzelnen Teilnehmern ausgelöst wird. Tragen Ablauf, Übungen und Dramaturgie zu einem inneren "Ja" der Teilnehmer bei oder lösen sie einen Rückzug aus? Welche Reibungen oder Auseinandersetzungen entstehen durch das Seminardesign? Und wie kann sich dieser Spannungsbogen in neue Erkenntnisse für die Teilnehmer verwandeln? Der Trainer wird durch dieses Prinzip der Einwandbehandlung zu einer Art Sherlock Holmes des Transfers. Er versucht ständig, innere Prozesse zu ergründen.

Der zweite Schlüsselfaktor weist aus dem Seminar hinaus in die Praxis. Was würde sich im Seminar alles verändern, wenn jeder Teilnehmer vor einem Seminar mit seinen Vorgesetzten ein ausführliches Gespräch über seine Qualifizierungsmaßnahme (Transfergespräch) geführt hätte? Jedes Seminar wäre dann Bestandteil eines Wachstumsprozesses: abgesprochen und nachvollziehbar. Der Sinn der Maßnahme wäre jedem Teilnehmer klar, die Vernetzung seines neuen Wissens in die Praxis offensichtlich erwünscht und sichergestellt. Sein Umfeld wäre neugierig auf die Erfahrungen, die aus dem Training mitgebracht werden (Kontextklärung). Das Seminar würde so bis in die Praxis hineinwirken. Eine Kultur des gegenseitigen Lernens könnte entstehen.

Zusammengefasst bedeutet dies:

Um Transfer zu erreichen, ist eine doppelte Perspektive erforderlich. Nämlich: Wie integriert der Teilnehmer das neue Wissen in seinen Erfahrungshintergrund und inwiefern ist sein Umfeld ein fruchtbarer Boden für den Transfer?


SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 1 / Teil 2, "Konstruktivistische Didaktik & Methodik"
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