5. KOMPETENZEN ALS KRITERIUM DES NQR (nationaler Qualifikationsrahmen)


Zielfragen:
  • Zu welchem Zweck wurden/werden "EQR" (Europäischer Qualifikationsrahmen) und "NQR" (Nationaler Qualifikationsrahmen)definiert?
  • Welche Bedeutung erhalten Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen nach dem EQR/NQR?
  • Wie definieren Sie den Begriff "Lernergebnisse"? Welche Bedeutung haben Lernergebnisse für Ihr Seminargeschehen?
  • Wie wichtig wird die Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit in Zukunft sein?
  • Auf welche Formen von Lernen wird beim Kompetenzerwerb Bezug genommen?
  • Was bedeutet für Sie "Handlungskompetenz" und wie würden Sie den Erwerb dieser in Ihrem Unterrichtsgeschehen fördern?

Bereits in den einleitenden Worten dieser Serie haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass vor allem in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen Kompetenzerwerb durch Kompetenztraining an Bedeutung gewinnen. Handlungskompetenztraining ist derzeit wieder einmal in aller Munde ebenso wie der "NQR" (nationaler Qualifikationsrahmen). In Kapitel 4.1 haben wir Lerndimensionen näher beschrieben und einen Überblick über die Zuordnung von Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten uvm präsentiert. Nun möchten wir in diesem Kapitel einen Rückblick schaffen auf den Europäischen Qualifikationsrahmen und dessen Zusammenhang zum NQR.

Im Jahr 2004 wurde mit der Entwicklung des Europäischen Qualifikationsrahmens begonnen, welcher einen gemeinsamen Bezugsrahmen zur Verbesserung der Transparenz von Qualifikationen über Länder- und Systemgrenzen innerhalb Europas hinweg zum Ziel hat. Bis 2012 wurde empfohlen eine Verknüpfung der nationalen Rahmen für Qualifikationssysteme mit dem EQR zu veranlassen um dieses globale Ziel zu erreichen.

Der EQR/NQR besteht aus acht Niveaustufen, die in Form von Lernergebnissen beschrieben werden. Diese Beschreibungen geben Aufschluss darüber, was ein Lernender nach Abschluss seiner Lernprozesse weiß, versteht und in der Lage ist zu tun. Diese Lernergebnisse werden in die drei Bereiche der Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen unterteilt.

Kenntnisse:

Das Ergebnis der Verarbeitung von Informationen durch Lernen. Kenntnisse bezeichnen die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und Praxis in einem Arbeits- oder Lernbereich. Im EQF werden Kenntnisse als Theorie- und/oder Faktenwissen beschrieben.

Fertigkeiten:

Die Fähigkeit, Kenntnisse anzuwenden und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszufüllen und Probleme zu lösen. Im EQF werden Fertigkeiten als kognitive Fertigkeiten (logisches, intuitives und kreatives Denken) und praktische Fertigkeiten (Geschicklichkeit und Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeugen und Instrumenten) beschrieben.

Kompetenz:

Die nachgewiesene Fähigkeit, Kenntnisse, Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und /oder persönliche Entwicklung zu nutzen. Im EQF und auch im NQR wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbständigkeit beschrieben.

Der Fokus auf Lernergebnisse verändert auch den Blick auf das Lernen an sich. Nicht mehr zu "vermittelnde" Inhalte stehen im Mittelpunkt des (didaktischen) Interesses, sondern die Fertigkeiten und Kompetenzen, über die die Lernenden letztlich verfügen.

Das WIFI Lernmodell LENA, welches lebendiges und nachhaltiges Lernen zum Ziel hat und die hier zum Einsatz kommende Methodik und Didaktik rückt die Lerner und ihre Lernprozesse, die Selbststeuerung und Eigenverantwortung in den Vordergrund.

Welche Auswirkungen hat die sog. Lernergebnisorientierung für Ihre Tätigkeit als Trainer/in?

Zunächst werden Sie erkennen, dass nicht mehr das Lernen/ der Input als solches (wie, wo, wie lange, in welcher Form etc.)im Vordergrund von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen stehen wird, sondern vermehrt auf eine outcomeorientierte Beschreibung von Seminaren, Workshops geachtet wird, das Ergebnis von Lernprozessen wird im Fokus stehen.

Doch wie lassen sich nun Kompetenzen aneignen?

Um Kompetenzen zu erwerben, müssen Lernende Erfahrungen durch die Anwendung unterschiedlicher Lernmethoden selbst machen. Nur so werden sie fähig sein, ihr Wissen praktisch umzusetzen und erlangen sog. Handlungskompetenz.

Es gibt eine Vielzahl von Kompetenztheorien (vgl. hierzu Arnold 2002, Dehnbostel 2003, Erpenbeck/Rosenstiehl 2003 et al.). Für Veranstaltungen am WIFI hat man sich als Ergebnis der Zusammenarbeit mit Prof. Arnold darauf geeinigt, Handlungskompetenz in folgende vier Teilbereiche zu unterteilen:

Das WIFI-Lernmodell LENA, welches handlungsorientierten Charakter hat, fördert und unterstützt die Lernenden dabei sich diese Handlungsfähigkeit in Seminaren zu erwerben, die aufgaben- und ergebnisorientiert gestaltet werden. Wenn Sie als Lehrender das Trainieren und den Erwerb von Fachkompetenz, personaler und sozialer Kompetenz durch den Einsatz entsprechender Lernmethoden ermöglichen, so werden auch Methodenkompetenz, kommunikative und Lernkompetenz gestärkt und forciert – also genau jene Kompetenzen, die man für eine erfolgreiche Bewältigung des Berufsalltags braucht.

Berufliche Handlungsfähigkeit der Lernenden als Ziel der Aus- und Weiterbildung wird somit erreicht.

Auch das Verständnis, dass für den Erwerb von Kompetenzen nicht nur formales, sondern auch informelles und non-formales Lernen berücksichtigt werden müssen, stellt uns als TrainerInnen vor die große Herausforderung: Lernen umfasst nicht nur jenes Lernen, welches organisiert nach einem Lehrplan erfolgt. Das Lernen im Alltag, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit gehört ebenso dazu. Es wird mittlerweile davon ausgegangen, dass bis zu 80% aller Kompetenzen außerhalb von schulischen und sonstigen institutionellen Einrichtungen erworben werden.
(Quelle: u.a. OECD 1977, Laur-Ernst 1988, "Organizational Learning" von S.J. Gill, 2000, US Departments of Labor)

Lehrende haben somit die Aufgabe die Selbststeuerung der Lernenden zu fördern und die Erfahrungen der Lernenden außerhalb des formalen Lernens zu berücksichtigen und entsprechend in Ihre Lernarrangements zu integrieren.

Eine entsprechende didaktische Haltung, aber auch der Einsatz der richtigen Methoden unterstützen Sie dabei, Ihre Seminare so zu gestalten, dass diese das Trainieren von Handlungskompetenzen ermöglichen. Nachstehendes Kapitel führt Sie ein in die Kriterien eines lebendigen und nachhaltigen Unterrichts und bietet Ihnen einen Überblick über all jene Kriterien, welche Sie in Zukunft berücksichtigen werden.

Nähere Informationen zum NQR finden Sie unter http://www.ibw.at


Infobox
  • Der EQR soll Transparenz auf transnationaler Ebene liefern um die Qualität von Bildungsangeboten zu erheben.
  • Der NQR wird auf Länderebene erstellt.
  • Der Schwerpunkt von Bildungsangeboten verlagert sich von Inputorientierter Sicht hin zum Fokus auf Lernergebnisse (outcomeorientierte Sicht)
  • Kenntnisse – Fähigkeiten – Kompetenzen im NQR: Der Begriff der "Kompetenz" wird im EQR/NQR ausschließlich im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbstständigkeit beschrieben.
  • Handlungskompetenz wird in vier Bereiche unterteilt
  • Förderung der Handlungskompetenz durch das WIFI-Lernmodell LENA
  • Systemisch-konstruktivistischer Ansatz fördert Selbststeuerung und Selbständigkeit, welche für die Förderung der Handlungskompetenz von großer Bedeutung sind.
  • Formales Lernen wird durch informelles und non-formales Lernen ergänzt und zusammengefasst auf NQR-Ebene für das Feststellen von Lernergebnisse herangezogen.


SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 1 / Teil 1, "Konstruktivistische Didaktik & Methodik"
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