4.2 Lernstufen


Zielfragen:
  • Welche Modelle von Lernstufen kennen Sie?
  • Wie wird Lernen nach Heinrich Roth untergliedert in Stufen?
  • Wie werden direktes und indirektes Lernen definiert?
  • Welche Bedeutung messen Sie Lernstufen zu? Wozu dient eine solche Einteilung?

In den neueren Erziehungstheorien wird vorausgesetzt, dass das Lernen den entscheidenden Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung liefert, dabei wird präzisiert, dass der Mensch der Reihenfolge nach Lernstufen und der Breite nach Lerndimensionen lernt. Die Lernstufen zergliedern die menschliche Lernhandlung in Einzelschritte, in dem Bemühen nachzuweisen, wie sich eine erfolgreiche Lernhandlung Schritt für Schritt vollzieht. Allerdings hat sich in der neueren Lernpsychologie hier keine eindeutige und gesetzmäßige Stufenfolge nachweisen lassen, es gibt zahlreiche widerstreitende Modelle (siehe Punkt 4.3).

Klassisch etwa sind die Lernstufen nach Heinrich Roth.

  1. Stufe: Motivation (Teilnehmer erkennt, dass er was dazulernen muss)
  2. Stufe: Lernschwierigkeiten (er versucht es abzuschauen)
  3. Stufe: Lösung (er wird auf einen Lehrgang geschickt)
  4. Stufe: Tun und Ausführung (Kenntnisse werden ausprobiert)
  5. Stufe: Behalten und einüben (durch ständiges Üben)
  6. Stufe: Abrufen und übertragen (Erlerntes hat sich festgesetzt)

Roth geht von drei Lernarten oder Phasen aus, die er in seiner Darstellung im Zusammenhang mit der jeweiligen Stufe gemeinsam nennt.

Lernstufen Beim Lehren Direktes Lernen Indirektes Lernen
1. Motivation Ein Lernprozess wird angestoßen.
Eine Aufgabe wird gestellt.
Ein Lernmotiv wird geweckt.
1. Lernschritt: Stufe der Motivation
Ein Lernwunsch erwacht.
Eine Handlung kommt zustande.
2. Schwierigkeit Der Lehrer sucht die neue Verhaltens- oder Leistungsform durch Variationen der Anwendungsbeispiele einzuprägen und einzuüben.
Automatisierung des Gelernten.
2. Lernschritt: Stufe der Schwierigkeiten
Die Übernahme oder der Neuerwerb einer gewünschten Leistungsform in den eigenen Besitz macht Schwierigkeiten.
Die Handlung gelingt nicht; die zur Verfügung stehenden Leistungs- und Behaltensformen reichen nicht aus bzw. sind nicht sehr präsent.
Ringen mit den Schwierigkeiten.
3. Lösungsversuche Der Lehrer zeigt den Lösungsweg oder lässt ihn finden. 3. Lernschritt: Stufe der Lösung
Die neue Leistungsform wird aktiv vollzogen und dabei die beste Form gebracht.
Ein neuer Lösungsweg zur Vollendung der Handlung oder zur Lösung der Aufgabe wird durch Anpassung, Propieren oder Einsicht entdeckt.
4. Tun und
Ausführen
Der Lehrer lässt die neue Leistungsform durchführen und ausgestalten. 4. Lernschritt: Stufe des Tuns und Ausführens
Die neue Leistungsform wird aktiv vollzogen und dabei in die beste Form gebracht.
Der neue Lösungsweg wird aus- und durchgeführt.
5. Behalten und
Einüben
Der Lehrer entdeckt die Schwierigkeiten der Aufgabe für den Schüler bzw. die Kurzschlüsse oder die leichtfertige Lösung der Schüler. 5. Lernschritt: Stufe des Behaltens und Übens
Die neue Verhaltens- oder Leistungsform wird bewusst eingeübt. Variation der Anwendungsbeispiele, Erprobung durch praktischen Gebrauch.
Die neue Leistungsform wird durch den Gebrauch im Leben verfestigt oder wird vergessen und muss immer wieder neu erworben werden.
6. Bereitstellen,
Übertragen,
Integration des
Gelernten
Der Lehrer ist erst zufrieden, wenn das Gelernte als neue Einsicht, Verhaltens- oder Leistungsform mit der Persönlichkeit verwachsen ist und jederzeit zum freien Gebrauch im Leben zur Verfügung steht. Die Übertragung des Gelernten von der Schulsituation auf die Lebenssituation wird direkt zu lehren versucht. 6. Lernschritt: Stufe des Bereitstellens, der Übertragung und der Integration des Gelernten
Die eingeübte Verhaltens- oder Leistungsform bewährt sich in der Übertragung auf das Leben oder nicht.
Die verfestigt Leistungsform steht für künftige Situationen des Lebens bereit oder wird in bewussten Lernakten bereit gestellt.

Wird das Erlernte automatisch abgerufen, spricht man auch von Habitualisierung (Habitus = Gewohnheit).


Infobox
  • Stufenfolge unterteilt Lernhandlung in mehrere Schritte/Phasen
  • Es gibt verschiedene Modelle zu Lernstufen
  • Die Lernpsychologie liefert keine eindeutige und gesetzmäßige Stufenfolge
  • Heinrich Roth beschreibt 6 Lernstufen
  • Start = Motivation; Ende = Integration des Gelernten


SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 1 / Teil 1, "Konstruktivistische Didaktik & Methodik"
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