2. LERNEN UND LEHREN
Zielfragen:
- Wie definieren Sie "Lernen" und "Lehren"?
- Welche Faktoren beeinflussen die Lehrveranstaltungsgestaltung?
- Wie ist die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden zu sehen?
- Welche Rolle spielen Vorerfahrungen und Lernbiografien von Lernenden für den Lehrenden und seine Lehrveranstaltungsgestaltung?
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Der Lehrende vermittelt den Inhalt, um die Endergebnisse der Lehrveranstaltung zu erreichen. Der Inhalt besteht aus Wissen, Fertigkeiten und Werten. Er oder sie ist weiterhin verantwortlich für den Prozess, also die Art, wie der Inhalt vermittelt wird. Der Lehrende moderiert die Prozesse in der Gruppe und setzt unterstützende Fertigkeiten ein, um den Inhalt zu vermitteln.
Die Hauptkriterien für ein gutes Gestaltungsdesign sind, dass die Lernenden und Lehrenden in einem guten Lernzustand sind, dass es Freude macht und Lernende Lust haben, sich zu beteiligen und dass es eine Reihe von unterschiedlichen Erfahrungen bietet.
Durch das Lehrveranstaltungsdesign wird der Lehrstoff in eine bestimmte Struktur und Reihenfolge gebracht. Grundsätzlich gilt es zwischen deduktivem oder induktivem Vorgehen zu entscheiden, also der Art, Konzepte zuerst vorzustellen und dann praktische Erfahrungen oder Auseinandersetzungen anzuregen oder das Thema erarbeiten zu lassen, um im Anschluss den Theoriebezug herzustellen.
Die Lehrveranstaltungsgestaltung wird von den Wünschen, Zielen und Erwartungen der Gruppe, der Gruppengröße, dem Bekanntheitsgrad des Stoffes, den Rahmenbedingungen, dem Geschlecht und der angeordneten oder freiwilligen Teilnahme beeinflusst. Respektieren Sie die individuellen Persönlichkeiten, deren Glaubenssätze und Lernbiographie. Die Lehrveranstaltung muss allen Beteiligten einen guten Lernzustand ermöglichen.
Lehren und Lernen baut auf eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Lehrendem und Lernenden und einem Kreislauf von gegenseitiger Beeinflussung auf:
- Sowohl Lehrender als auch Lernende lernen.
- Lernende sind keine leeren Gefäße.
- In einer gleichberechtigten Partnerschaft gibt es keine Schuldzuschreibungen.
- Jeder und jede ist für sein Lernen selbst verantwortlich.
Vorannahmen über das Lernen und Lehren
- Lehren ist ein Prozess. Dazu wird von den Lehrenden ein Kontext geschaffen, um Lernen in den Bereichen Wissen und seine Anwendung, Fertigkeiten sowie Werte und Einstellungen zu ermöglichen.
- Lernen ist der Prozess, sich Wissen und Fähigkeiten anzueignen. Individuen lernen am besten, wenn sie das, was sie lernen sollen als für sie bedeutsam und oder wertvoll ansehen.
- Erwachsene wollen selbstbestimmt lernen – auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Sie reagieren auf passives Lernen ohne Eigenverantwortung mit Widerstand.
- Menschen verfügen über vielfältige Erfahrungen und Kompetenzen, die in den Unterricht einbezogen werden müssen.
- Der Lehrende muss in der Lage sein, eine geschützte(!) Lernumgebung zu schaffen, in der die Lernenden für ihr Lernen selbst die Verantwortung übernehmen können.
- Ein Großteil des Lernens findet unbewusst statt.
- Lernen wird stark von unserer emotionalen Verfassung beeinflusst.
- Wichtigste Voraussetzung des Lernens ist Rapport (engl.: Beziehung, Bindung, Übereinstimmung, harmonisches Verhältnis). Dieser vertrauensvolle Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden ist Basis der Arbeitsfähigkeit einer Gruppe. ("Die Chemie stimmt.")
Selbstgesteuertes Lernen
Vor allem der systemisch-konstruktivistische Ansatz sieht die Bedeutung des selbstgesteuerten Lernens als bedeutenden Faktor für erfolgreiches und lebenslanges Lernen. Missverständlich wird darunter oft verstanden, dass Lernende die Kompetenz erlangen sich "selbst zu belehren" und somit keine Notwendigkeit eines Lehrenden mehr sehen. In Anlehnung an Arnold (2007) möchten wir diesen Begriff hier erklären:
Ein Lernender agiert selbstgesteuert, wenn dieser
- seine Lernbedürfnisse beispielsweise selbst bestimmt,
- notwendige Ressourcen (Lernunterlagen, Seminare etc.) auswählt,
- seine persönlichen Lernziele, Lernwege, Lerntempo selbst festlegt,
- geeignete Methoden einsetzt
- und den eigenen Lernprozess auf seinen Erfolg hin bewertet.
Lehren ist konstruktivistisch gesehen eine Balance von Instruktion (d.h. von Wissensangeboten, Deutungsangeboten, Demonstrationen) und Beobachtung der Konstruktionen (d.h. Überprüfung und Reflexion der Aneignungsformen der Beteiligten)
(Arnold/Krämer-Stürzl/Siebert 2005, S. 34)
Infobox
- Wünsche, Ziele, Erwartungen der Lernenden, Gruppengröße, Lernbiografien etc. beeinflussen die Gestaltung und Planung von Seminaren.
- Lehrende und Lernende lernen im Seminar.
- Lehren wird als methodisch geordnete Vermittlung eines Lehrinhalts verstanden.
- Lernen wird als Veränderung der Reflexions- und Handlungskompetenz gesehen.
- Jeder ist für sein Lernen selbst verantwortlich.
- Lernen ist als selbstbestimmter Lernprozess zu sehen.
- Bezug zu Vorerfahrungen der Lernenden findet durch den Lehrenden statt.
- Lehrende und Lernende sind als eine gleichberechtigte Partnerschaft zu sehen.
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SELBST GELERNT HÄLT BESSER - SERIE 1 / Teil 1, "Konstruktivistische Didaktik & Methodik"
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