zess. Damit man Feedback von anderen bekommt, muss man aber auch selbst etwas geben. Das ist ganz zentral. Kann die KI dabei unterstützen? Die KI kann für Lehrende entlastend sein, wenn beispielsweise zugeschnit- tene KI-Chatbots als Tutor agieren können. Solche Tutoren können sehr rasch Feedback geben, schneller als Lehrende das können. Auch Lernenden kann die KI dabei helfen, Lernunterla- gen zu erstellen, die bei der Prüfungs- vorbereitung unterstützen. Wie schätzen Sie die Stimmung in der Gesellschaft gegenüber der KI ein? Wenn man hört, was KI alles kann, ist es nicht verwunderlich, dass Menschen ihr oft skeptisch gegenüberstehen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Entwick- lungszyklen in der KI sehr rasch voran- schreiten. Gerade am Arbeitsplatz spre- chen Menschen oft nicht über die KI, denn: Wer gibt schon gerne zu, dass sie oder er sich damit Arbeit erspart hat? Das hat durchaus zur Folge, dass sich das KI-Wissen nicht so schnell verbrei- tet. Da sind wir wieder beim Vertrauen, das wir am Arbeitsplatz brauchen, damit wir mit anderen teilen, was wir mit der KI gelernt haben und welchen Effekt das hatte. Stichwort Effekte: Liefert die KI bessere Ergebnisse als wir Menschen? Es wurde ein Experiment mit insgesamt 200 Teilnehmer:innen im Bereich In struc- tional Design (Anm. d. Red.: Planung und Gestaltung von Lernszenarien) durchgeführt, bei dem eine Gruppe von erfahrenen Instructional Designern Lernangebote ohne KI gestaltet hat. Die zweite Gruppe war eine Experten - gruppe mit KI, und die dritte Versuchs- gruppe waren Anfänger:innen mit KI. Die besten Ergebnisse erreichte die Gruppe der Expert:innen, die mit KI arbeiteten. Auf Platz zwei landeten die WIFI-Magazin LENA 2024/25 WIFI-Magazin LENA 2024/25 „Dem Lernen am Arbeits- platz ist bisher nur wenig Aufmerksamkeit ge- schenkt worden. Dabei ist es das Allerwichtigste.“ bessere Anfänger:innen. Am schlechtesten schnitt die erfahrene Gruppe ohne KI ab. Das zeigt, dass die Expert:innen durch ihr Erfahrungswissen Prompts schreiben, aber auch die Ergebnisse der KI besser beurteilen können. Anfän- ger:innen sind mit KI aber immerhin besser unterwegs als Erfahrene ohne KI. Das heißt, die KI ist auch nur so gut, wie der Mensch, der sie anwendet. Die Gefahr besteht allerdings darin, dass durch die KI Tätigkeiten, die beispiels- weise Praktikantinnen und Praktikanten erledigen, in Zukunft ausgelagert wer - den. Daher stellt sich die Frage: Wie soll diese Generation, die uns beim Arbeiten zuschaut, künftig lernen? Umso wichti- ger ist es, dass wir den Fokus auf das arbeitsbasierte Lernen als integralen Bestandteil von allen Aus- und Weiter- bildungen lenken – auch im Betrieb. Dem Lernen am Arbeitsplatz ist bisher nur sehr wenig Aufmerksamkeit ge - schenkt worden. Dabei ist es das Aller- wichtigste. IM FOKUS Warum ist dieses arbeitsbasierte Lernen so wichtig? Erfahrung alleine ist noch nicht alles. Wichtig ist, dass man diese Erfahrung reflektiert und in Zusammenhang setzt. Dokumentationen sind dabei eine Hilfe. Denn dadurch besteht die Möglichkeit, später nochmals die Erfahrung aus einer anderen Perspektive zu betrachten und Dinge zu bemerken, die einem früher nicht aufgefallen sind. Auch andere Per- sonen, die einen beim Arbeiten beob- achten, können andere Dinge bemerken als man selbst. Das heißt, wir können beim Arbeiten so viel lernen, nur fällt es uns oft nicht auf. Wie lässt sich dieses Bemerken fördern oder sogar lernen? Es gibt Methoden, wie man das Bemer- ken, wir nennen es Professional Noticing Skill, aufbauen kann. Derzeit wird ge - rade eine Pädagogik dazu entwickelt, um die professionelle Wahrnehmung bzw. Professional Noticing erfolgreich zu etablieren. Dabei geht es darum, dass es erstens eine berufliche Situation gibt, in der etwas wahrgenommen werden kann. Zweitens die Dinge zu bemerken, die in der jeweiligen Profession wichtig sind. Und drittens das Bemerkte passend zu interpretieren und richtig zu handeln. Und das kann man lernen. Ist das auch beim Erwerb von KI-Kompetenz hilfreich? Auf jeden Fall, denn hier gibt es noch kein tradiertes Wissen, kein Regelwerk, wie KI funktioniert. Noch dazu ändert sich das KI-Wissen auch sehr schnell. Hier können Professional Noticing und erfahrungsbasiertes Lernen mit- und voneinander sehr nützlich sein. Isabell Grundschober im Interview zu Professional Noticing im 97 WIFI Wien Podcast 21 i l e p e h c S s a b o T © i : s o t o F